STELLUNGNAHME DES OSWV ZUR NOVELLIERUNG DES STEIERMÄRKISCHEN WETTENGESETZES

Der OSWV hat zum vorliegenden Entwurf zur erneuten Novellierung des Steiermärkischen Wettengesetzes im Sinne seiner Mitglieder und der Wettbranche an die Landesregierung in Graz folgende Stellungnahme offiziell und fristgerecht am 19.12.2019 abgegeben.


STELLUNGNAHME:


Das Steiermärkische Wettengesetz 2018 wurde zuletzt durch LGBl. Nr. 62/2019 im Hinblick auf die unionsrechtlichen Vorgaben zur Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsprävention novelliert. Es wurde die 4. EU-GeldwäscheRL (2015/849) umgesetzt. Der OSWV übermittelte dazu am 24.5.2019 eine umfangreiche Stellungnahme und machte deutlich, dass die Einhaltung der durch die EU-GeldwäscheRL aufgestellten Grundsätze bereits in der Fassung der 5. EU-GeldwäscheRL (2018/843) im operativen Geschäftsbetrieb der Mitglieder des OSWV zentrale Berücksichtigung finden.

Die seitens des OSWV geäußerten Bedenken zu einzelnen Bestimmungen der Novelle LGBl. Nr. 62/2019 bleiben sohin weiterhin aufrecht und wird zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich auf diese verwiesen.

Die nachstehende Stellungnahme bezieht sich ausschließlich auf Änderungen des Steiermärkischen Wettengesetzes (StWttG).

  • Umfang der geplanten Änderungen

Der vorliegende Begutachtungsentwurf dient nicht nur der Umsetzung der 5. EU-GeldwäscheRL (2018/843); der Landesgesetzgeber implementiert darüber hinaus zahlreiche Verschärfungen, die nicht in Zusammenhang mit der Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsprävention stehen, und teilweise erhebliche Auswirkungen auf den operativen Geschäftsbetrieb aller Wettunternehmen sowie auf deren Geschäftspartner haben werden. Letztlich wird dies zu einer erschwerten Gewinnung neuer Geschäftspartner (insbesondere Vermieter von Geschäftsräumlichkeiten) und somit zu einer Belastung gleich mehrerer Branchen führen.

Der OSWV und seine Mitglieder begrüßen und unterstützen die Bekämpfung des illegalen Wettangebotes vollinhaltlich. Primäres Opfer illegalen Wettangebotes sind die legal tätigen Wettunternehmer!


Aus Sicht des OSWV sollte daher strikt zwischen jenen Maßnahmen, die tatsächlich der Bekämpfung des illegalen Wettangebotes dienen – wie in den Erläuterungen als Zielsetzung festgelegt – und jenen Maßnahmen, die vorrangig sämtliche Wettunternehmer, sohin insbesondere legal Tätige, mit sachlich nicht gerechtfertigten Hürden belasten, unterschieden werden.

 

  • Erlöschen und Entziehen der Bewilligung

(§ 7 Abs. 1 Z. 6)

Der vorliegende Begutachtungsentwurf sieht das Erlöschen der Wettunternehmer-Bewilligung vor, wenn der Landesregierung zur Kenntnis gelangt, dass eine Betriebsstätte nach § 56a Glücksspielgesetz rechtskräftig geschlossen wurde.

Einziger Anknüpfungspunkt ist sohin die Betriebsstätte. Dies ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich, weil eine Sanktion für Verstöße (gegen das Glücksspielgesetz) eingeführt wird, die nicht auf das Handeln des Normadressaten, sondern auch auf das Handeln Dritter Personen abstellt, die außerhalb der Einflusssphäre des Normadressaten liegen. Der Wettunternehmer haftet daher auch für fremdes Verhalten. In Praxi bedeutet dies etwa den Verlust der Bewilligung, wenn auf einer Tankstelle oder in einem Gasthaus neben den legalen Wettterminals des Wettunternehmers auch Glückspielautomaten aufgestellt wurden, die aufgrund ihres Spielangebotes oder mangels entsprechender Bewilligung als illegal zu beurteilen sind. Bereits fehlerhafte Softwareumstellungen der Geräte Dritter Personen könnten somit zum Erlöschen der Bewilligung des völlig legal tätigen Wettunternehmers führen.

 

Besonders hervorzuheben ist, dass § 56a Glücksspielgesetz keine typische (Verwaltungs-)Strafbestimmung darstellt, sondern die sofortige Betriebsschließung bereits bei Verdacht auf illegale Tätigkeit ohne Durchführung eines vorausgegangenen Verfahrens ermöglicht:

 

„§ 56a. (1) Besteht der begründete Verdacht, daß im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, daß eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen.“

 

Im Ergebnis führt dies zum Erlöschen der Wettunternehmer-Bewilligung bei Verdacht auf illegale Tätigkeit eines Anderen, eines Dritten. Dies ist sachlich nicht zu rechtfertigen und verfassungsrechtlich nicht nur bedenklich, sondern offenkundig unzulässig.

 

  • Benützung fremder Wettkundenkarten

(§ 8 Abs. 4, § 18 Abs. 1 Z. 7a)

Die Überlassung und Benützung fremder Wettkundenkarten wird auf Ebene des Wettkunden verboten und verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert. Der OSWV begrüßt dies und wertet die Regelung als flankierende Unterstützung zu den die Wettunternehmer treffenden Jugend- und Wettkundenschutzverpflichtungen sowie als abschreckende Maßnahme der Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsprävention.

 

  • Auskunftsperson, Auskünfte

(§ 8 Abs. 9, § 15 Abs. 1 und 2, § 18 Abs. 1 Z. 8a, Abs. 2 Z. 2)

Der vorliegende Begutachtungsentwurf normiert die Verpflichtung zur Sicherstellung, dass während der Betriebszeiten in jeder Wettannahmestelle einer Auskunftsperson anwesende ist. Die Erläuterungen legen dar, dass dies nicht zwingend im Wettunternehmen Beschäftigte sein müssen, sondern auch Servicepersonal oder Bedienstete einer Tankstelle Auskunftspersonen sein können. Der Ansatz ist sinnvoll.

 

Vor dem Hintergrund, dass in § 15 Abs. 2 die Verpflichtung normiert ist, „die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen“ und Verstöße gegen diese Verpflichtung in § 18 Abs. 2 Z. 2 mit Geldstrafen von bis zu EUR 50.000,– bzw. Ersatzfreiheitsstrafen von bis zu sechs Wochen sanktioniert werden, ist es aus Sicht des OSWV aber erforderlich, den Inhalt der Auskünfte sowie Art und Umfang der vorzulegenden Unterlagen taxativ festzulegen. Die Kombination aus indeterminierter Verpflichtung, weitem Ermessen der Behörde und hoher Strafdrohung stößt auf rechtstaatliche Bedenken, die durch legistische Klarstellung leicht vermieden werden könnten.

 

  • Sachverständige

(§ 15)

In § 15 des vorliegenden Begutachtungsentwurfs werden „beigezogene Sachverständige“ genannt, die offenkundig hoheitliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen des StWttG erfüllen sollen. Dies ist außergewöhnlich:

  • 52 AVG regelt die Rahmenbedingungen für die Beiziehung amtlicher bzw. nicht-amtlicher Sachverständiger im 2. Abschnitt: Beweise. Die Übertragung hoheitlicher Aufgaben ist dabei nicht vorgesehen. Das VStG enthält überhaupt keine Bestimmungen über die Beiziehung von Sachverständigen (außer iZm dem Inhalt der Niederschrift).
  • 15 des vorliegenden Begutachtungsentwurfs hingegen berechtigt – neben den Organen der Behörde und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes – auch beigezogene Sachverständige umfassend
  • jederzeit und unangekündigt die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes zu überprüfen und zu diesem Zweck Geschäfts- und Betriebsräume, in denen die Tätigkeit als Wettunternehmerin/Wettunternehmer ausgeübt wird oder hinsichtlich derer ein diesbezüglicher Verdacht besteht, zu betreten und zu besichtigen;
  • ihnen sind die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen;
  • ihnen ist die Durchführung von Wetten ohne Entgelt und Gewinn zu ermöglichen;
  • die Anwendung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zulässig.

 

Dieses breite Spektrum an Berechtigungen ist ungewöhnlich und rechtstaatlich bedenklich, zumal dem Wortlaut nach auch ein selbständiges Tätigwerden der Sachverständigen nicht ausgeschlossen ist. Während nämlich der amtliche Sachverständige – selbst Verwaltungsorgan – weisungsgebunden ist und somit auch die Befolgung einer Weisung zur Erstattung unrichtiger Gutachten abzulehnen hat (vgl. Art. 20 Abs. 1 B-VG, § 289 StGB), ist der nicht-amtliche Sachverständige kein Verwaltungsorgan und sohin nicht weisungsgebunden (VwGH 92/06/0228). Das – subsidiär anzuwendende – AVG kennt überdies weder den Grundsatz der Mündlichkeit noch jenen der Unmittelbarkeit (VwGH 2012/05/0198), weshalb es insbesondere auch es keinen Rechtsanspruch einer Partei auf Teilnahme an der Beweisaufnahme gibt (VwGH Ra 2016/09/0092).

Der OSWV erachtet es sohin für ungeeignet, Sachverständige ganz allgemein mit derart umfangreichen Befugnissen auszustatten und dabei keinerlei Unterscheidung zwischen amtlichen und nicht-amtlichen Sachverständigen zu treffen. Notwendig wäre daher eine hinreichende Differenzierung sowie die Klarstellung, dass ein selbständiges Tätigwerden ausgeschlossen sein soll. Gegen eine die Behörde unterstützende Beiziehung von Sachverständigen bestehen hingegen keine Einwände.

 

  • Inhaber/Vermieter einer Betriebsstätte

(§ 16 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Z. 1b)

Den Erläuterungen zufolge „soll auch, wer bei einer Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin/Wettunternehmer mitwirkt oder eine solche Ausübung in seiner Betriebsstätte oder in seinen Räumlichkeiten duldet, bestraft werden können. Durch diese Bestimmungen soll sichergestellt werden, dass auch Personen, wie insbesondere die Vermieterin/der Vermieter der Geschäftsräumlichkeiten, die Eigentümerin/der Eigentümer der Geschäftslokalität oder die Gewerbeinhaberin/der Gewerbeinhaber bestraft werden können. Dies ist erforderlich, da oftmals die Wettunternehmerin/der Wettunternehmer im Rahmen einer behördlichen Kontrolle nicht ermittelt werden kann.“


Der Normzweck ist nachvollziehbar, die Umsetzung führt jedoch zu einer erheblichen Belastung der Geschäftsbeziehungen mit potentiellen Inhabern und Vermietern von Betriebsstätten, zumal eine Art Beweislastumkehr geschaffen wird. Wer nämlich als Inhaber oder Vermieter einer Betriebsstätte nicht Auskünfte erteilt oder Unterlagen vorlegt, dem drohten gemäß §18 Abs. 1 Z. 8b iVm Abs. 2 Z. 2 Geldstrafen von bis zu EUR 50.000,– bzw. Ersatzfreiheitsstrafen von bis zu sechs Wochen. Art und Umfang der Auskünfte bzw. Unterlagen werden im Gesetz nicht definiert; die Erläuterungen nennen lediglich „Verträge, Rechnungen, etc.“ Somit ist die Verpflichtung höchst schwammig umrissen, die drohende Sanktion aber scharf und massiv.

Neben den bereits unter Punkt 4. dargelegten Bedenken wäre es aus Sicht des OSWV zumindest erforderlich, die Auskunftspflicht auf die Geschäftsbeziehung mit dem Wettunternehmer einzuschränken und die vorzulegenden Unterlagen taxativ aufzuzählen; etwa: Mietverträge, Mietzinsvorschreibungen, Zahlungsbelege, Beteiligungsverträge. Anderenfalls wäre der Haftungshorizont unermesslich und würde dies absehbar zu einem Engpass an Betriebsstätten führen. Eine Mitwirkung des Inhabers/Vermieters an illegaler Wetttätigkeit ist freilich strenger zu behandeln, die erforderliche Abgrenzung fehlt dem Begutachtungsentwurf allerdings.

Der OSWV ist als Repräsentant von rund 85 % aller stationären österreichischen Wettunternehmen zuversichtlich, dass die obigen Anregungen aufgegriffen und in der endgültigen Fassung der Neuregelung Niederschlag finden werden.