STELLUNGNAHME DES OSWV ZUR NOVELLIERUNG DES STEIERMÄRKISCHEN WETTENGESETZES


DER OSWV HAT ZUM VORLIEGENDEN ENTWURF ZUR NOVELLIERUNG DES STEIERMÄRKISCHEN WETTENGESETZES, IM SINNE SEINER MITGLIEDER UND DER WETTBRANCHE AN DIE ZUSTÄNDIGE STEIRISCHE LANDESREGIERUNG FOLGENDE STELLUNGNAHME OFFIZIELL UND FRISTGERECHT AM 24.MAI 2019 ABGEGEBEN.

 

STELLUNGNAHME:

 

Der OSWV repräsentiert mit einem Anteil von rund 85 % aller stationären österreichischen Wettunternehmen das Gros der Wettbranche. Die Auswahl und ständige interne Prüfung seiner Mitglieder erfolgt nach strengsten Kriterien, insbesondere im Hinblick auf die Implementierung geeigneter Standards zur Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsprävention. Dieser Bereich erfuhr – branchenübergreifend – in den letzten Jahren eine verstärkte Beachtung und Bewusstseinsbildung, nicht zuletzt aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben.

 

Wetten und (Automaten-)Glücksspiel sind völlig unterschiedliche Materien, deren Regelung in verschiedenen Gesetzen sinnvoll und notwendig ist. Die nachstehende Stellungnahme bezieht sich daher ausschließlich auf Änderungen des Steiermärkischen Wettengesetzes (StWttG).

 

Festzuhalten ist, dass die Einhaltung der durch die EU-Geldwäsche-Richtlinien (idF 2018/843) aufgestellten Grundsätze bereits jetzt, ungeachtet der landesgesetzlichen Verpflichtung im operativen Geschäftsbetrieb der Mitglieder des OSWV zentrale Berücksichtigung finden. Grundgedanke ist dabei ein risikoorientierter Ansatz in der Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, sodass von Wettunternehmern als Verpflichtete, die Risiken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, welchen diese ausgesetzt sind, identifiziert, bewertet und verstanden werden und in der Folge verhältnismäßige – dem Risiko angemessene – Maßnahmen der Risikominimierung gesetzt werden.

 

Ungeachtet der nunmehr durch die Europäische Kommission bedingte Notwendigkeit der Adaptierung der einschlägigen Bestimmungen im StWttG, begrüßt und unterstützt der OSWV daher die Implementierung der unionsrechtlichen Vorgaben in das Landesrecht. Dennoch bestehen teilweise Bedenken bzw. Änderungsvorschläge, die sich wie folgt darstellen, und aus Sicht des OSWV bei der endgültigen Gesetzesfassung zu berücksichtigen sind:

 

 

  • Mangelnde Leserbarkeit und Umsetzungshürden für die Normadressaten

 

Wettunternehmer sind keine Juristen. Dennoch steigen die Anforderungen an die juristische Vorbildung der Normadressaten seit Jahren mit jeder Novellierung. Mittlerweile ist ein Niveau erreicht, dass es dem juristisch nicht vorgebildeten Normadressaten nahezu verunmöglicht, die von ihm einzuhaltenden Pflichten im Hinblick auf deren Umfang und Inhalt vollständig zu erfassen. Unabhängig von dadurch erforderlichen Rechtsberatungskosten führt diese Entwicklung unweigerlich zu einem verdünnten Bewusstsein der Normadressaten, weil diese das von ihnen anzuwendende Gesetz schlichtweg nicht selbstständig erfassen, verstehen und somit in Entsprechung des dahinterstehenden Telos leben können.

 

Wenngleich der OSWV im konkreten Fall Verständnis für den legistische Zeitdruck, ausgelöst durch das zugrundeliegende Vertragsverletzungsverfahren, hat, so muss dennoch abschließend angemerkt werden, dass die durch den vorliegenden Begutachtungsentwurf eingefügten Änderungen systemfremd wirken und die angeführten Verweisungen und damit einhergehenden Weiterverweisungen auf Bundes- bzw. EU-Normen der Lesbarkeit des Gesetzes abträglich sind, zumal es sich um dynamische Verweise auf Normen handelt, die ihrerseits selbst unmittelbar vor einer Novellierung stehen. Wie soll ein juristisch nicht vorgebildeter Wettunternehmer zwei, drei oder mehr Gesetze in deren jeweils geltender Fassung unter Berücksichtigung allfälliger Übergangsvorschriften parallel lesen können, um die ihn treffenden Pflichten zu erfassen?

 

  • Spielerschutz-Konzept

(§ 4a Z. 1)

 

Neu und nicht in Zusammenhang mit der Umsetzung der 4. EU-GWL stehend ist die durch den vorliegenden Begutachtungsentwurf eingefügte Bewilligungsvoraussetzung des § 4a Z.1, wonach künftig ein sog. Spielerschutz-Konzept vorzulegen und ein unternehmensinterner Ansprechpartner hierfür zu bestellen ist. Die Bestimmung ist in Zusammenschau mit § 8 sowie § 10 Abs. 3 Z. 3 und 4 zu lesen und dient der Erhöhung des Schutzniveaus. Der OSWV unterstützt diese Vorgehensweise vollinhaltlich.

 

  • Jährliche Berichtspflicht

(§ 9 Abs. 1 letzter Satz)

 

  • 9 Abs. 1 letzter Satz des vorliegenden Begutachtungsentwurfs normiert eine jährliche Berichtspflicht. Aufgrund des ohnehin zur Anwendung gelangenden risikobasierten Ansatzes sind sowohl die unternehmensinterne Risikoanalyse als auch die daraus abgeleiteten Maßnahmen regelmäßig sowie konkret anlassbezogen zu aktualisieren und anzupassen. Die Behörde hat auf Verlangen jederzeitige Einsicht in die Unterlagen des Wettunternehmers (§ 9e). Aus Sicht des OSWV stellt die zusätzlich vorgesehene jährliche Berichtspflicht keinen Mehrwert oder Erhöhung des Schutzniveaus dar, sondern vielmehr eine erhebliche Zusatzbelastung sowohl für die Wettunternehmers als auch für die Behörde, der die Verarbeitung und inhaltliche Prüfung der jährlichen Berichte obliegt. Der letzte Satz sollte daher entfallen.
  • Umfang der Sorgfaltspflichten

(§ 9 Abs. 2)

 

  • 9 Abs. 2 enthält zahlreiche Verweise auf das FM-GwG, die zu einer starken Unleserlichkeit dieser zentralen AML-Bestimmung führen. Wettunternehmer haben demnach in den Fällen des § 5 Z 1, 2, 4 und 5 FM-GwG sowie insbesondere bei Wettumsätzen in der Höhe ab EUR 2.000,– pro Wettkundin/Wettkunde und Tag die die Sorgfaltspflichten gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1, 2, 3 (…) anzuwenden.

 

  • 6 Abs. 1 Z. 1 FM-GwG bestimmt: „die Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden umfassen: Z. 1 Feststellungen der Identität des Kunden und Überprüfung der Identität auf der Grundlage von Dokumenten, Daten oder Informationen, die von der glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen;“

 

  • 2 Z. 12 des Begutachtungsentwurf definiert die Geschäftsbeziehung als „jede geschäftliche, gewerbliche, oder berufliche Beziehung gemäß § 2 Z. 10 FM-GwG“, sohin als „jede geschäftliche, berufliche oder gewerbliche Beziehung, die mit den gewerblichen Tätigkeiten eines Verpflichteten in Verbindung steht und bei der bei Zustandekommen des Kontakts davon ausgegangen wird, dass sie von gewisser Dauer sein wird.“ Mit anderen Worten liegt eine Geschäftsbeziehung nur dann vor, wenn diese einerseits einen Bezug zum Geschäftsgegenstand des Verpflichteten hat und (kumulativ) die vom Verpflichteten anzustellende Zukunftsprognose ergibt, dass es sich um eine Geschäftsbeziehung von gewisser Dauer handeln wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die wahrscheinlich einmalige Wettabgabe keine Geschäftsbeziehung im Sinne des Gesetzes darstellt. Auch die Zusammenschau mit § 9 Abs. 2 („insbesondere bei Wettumsätzen in der Höhe von 2 000 Euro oder mehr…“) führt zu diesem Interpretationsergebnis.

 

Aus Sicht des OSWV wäre es daher wünschenswert, die obige Intention des Gesetzgebers auch im Hinblick auf die Rechtssicherheit der Wettunternehmer, deutlicher herauszuarbeiten. Dies könnte etwa durch Klarstellung in § 9 Abs. 2 umgesetzt werden, indem die Zulässigkeit anonymer Wettabgabe bis zu einem geringen Maximalbetrag (zB EUR 50,–) festgehalten wird.

 

  • Unverzügliche Verständigung

(§ 9a Abs. 1)

 

  • a 9 Abs. 1 normiert – in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 3 FM-GwG die Pflicht zur unverzüglichen Verständigung der Geldwäschemeldestelle. Die Verpflichtung ist sinnvoll und notwendig. Bedenken seitens des OSWV bestehen allerdings hinsichtlich der Unverzüglichkeit, zumal diese nicht definiert ist. Auch die Materialien zum FM-GwG geben keinerlei Aufschluss hierüber. Telos der Norm ist zweifelsfrei, dass die Information ohne Aufschub auf möglichst kurzem Wege an die Geldwäschemeldestelle gelangt. Flankiert wird diese Bestimmung durch das Verbot der Transaktionsabwicklung (§ 9b). Aus Sicht des OSWV wäre es wünschenswert, die Unverzüglichkeit in den Kontext der Art, Größe und Geschäftsmodell des Verpflichteten zu setzen, zumal dadurch das Schutzniveau weder verringert wird, noch allfällige Ermittlung behindert werden.

 

  • Strafbestimmungen

(§ 18)

 

  • 18 Abs. 1 Z. 8 sanktioniert Verstöße gegen Verpflichtungen im Zusammenhang mit Maßnahmen gegen Geldwäsche (gemäß §§ 9, 9a bis 9d und 9 Abs. 2). Abs. 3, der Abs. 2 in der geltenden Rechtslage entspricht, erklärt den Versuch für strafbar. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Versuchsstrafbarkeit im VStG die Ausnahme darstellt und ihr nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung zukommt. Die Strafbarkeit des Versuchs der Begehung einer Verwaltungsübertretung erfordert nämlich Vorsätzlichkeit und eine Versuchshandlung; überdies bedarf es der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, widrigenfalls keine Strafbarkeit vorliegt. In der bisherigen Strafnorm des § 18 ist diese Anordnung enthalten, um insbesondere die illegale Wetttätigkeit zu unterbinden. In dieses Sanktionsschema passt die Bestimmung des bisherigen Abs. 2.

 

Durch den vorliegenden Begutachtungsentwurf werden die Strafbestimmungen um den Tatbestand der oben geschilderten Z. 8 erweitert, wobei darunter sämtliche Verstöße gegen die in §§ 9, 9a bis 9d und 9 Abs. 2 genannten (AML-)Bestimmungen fallen. Die in §§ 9, 9a bis 9d und 9 Abs. 2 enthaltenen Verpflichtungen sind jedoch vor allem organisatorischer, allgemein gehaltener Natur. Ein Verstoß könnte daher etwa bereits dann vorliegen, wenn die unternehmensinterne Risikoanalyse aus Sicht der Landesregierung unzureichend bzw. lückenhaft wäre. Mangels konkreter gesetzlicher Vorgaben obliegt es sohin einzig der Behörde als Vorfrage zu beurteilen, ob die vom verpflichteten Wettunternehmer angestellten Denksätze und Risikoeinstufungen ausreichend sind oder nicht. Dies unter Anwendung eines nicht abgegrenzten Ermessensspielraums. Den Versuch in diesem Zusammenhang bereits als Einfallstor für die Strafbarkeit heranzuziehen, ist aus Sicht des OSWV rechtsstaatlich äußert bedenklich und strikt abzulehnen. Abs. 3 sollte daher im Hinblick auf Abs. 1 Z. 8 ausgenommen werden.

 

  • 18 Abs. 4 iVm Abs. 1 Z. 8 verlängert die Verfolgungsverjährung von 1 Jahr (§ 31 Abs. 1 VStG) auf 3 Jahre, und die Strafbarkeitsverjährung von 3 Jahren (§ 31 Abs. 2 VStG) auf 5 Jahre. Begründet wird dies gar nicht. Vorbild der Bestimmung ist erkennbar § 36 FM-GwG. Die Materialien zu § 36 FM-GwG (1661 der Beilagen XXV. GP – Regierungsvorlage) verweisen auf die „Komplexität des Finanzmarktrechtes“ und rechtfertigen die Fristenverlängerung mit weiten, im Finanzmarktrecht enthaltenen Absehensgründen. Im Wortlaut: „Nicht zu übersehen ist dabei, dass das Finanzmarktrecht im Gegenzug dazu die bereits genannten weiten Absehensgründe kennt und es auch ermöglicht, eine Verfolgung z. B. wegen Meldeverstößen durch eine rechtzeitige Nachholung gemäß § 98 Abs. 6 BWG zu verhindern.“ Das StWttG ist jedoch in seiner Komplexität kaum mit dem Finanzmarktrecht zu vergleichen und kennt auch keinerlei Erleichterungen, die ein verhältnismäßiges Gegengewicht zur obgenannten Verschärfung darzustellen vermochten. Die im Begutachtungsentwurf enthaltene Fristenverlängerung ist sohin sachlich nicht gerechtfertigt und hat zu entfallen.